Schuldrecht

Fall 1
Mit 45 Jahren erfüllt sich K endlich seinen Traum und kauft bei Vertragshändler V einen neuen Porsche 911 zum Preis von 95.000,- Euro. Bei V liegen Prospekte über den Porsche 911 aus, in denen unter dem Slogan „Jetzt noch sparsamer“ darauf hingewiesen wird, dass der Porsche 911 lediglich einen Benzinverbrauch von 11 Litern auf 100 km (Stadtverkehr) habe. Hierbei handelt es sich jedoch umeinen Druckfehler und es müsste 16 Liter heißen, was dennoch gut ist, da die meisten Sportwagen mehr verbrauchen. Zuvor hatte er 19 Liter pro 100 km verbraucht. Eine Nachrüstung des Motors an dem von K gekauften Modell, so dass dieses nur 11 Liter verbraucht, ist möglich, kostet jedoch 2.000,- Euro. K durchblättert vor dem Kauf einen Prospekt des später gekauften 911er und nimmt den Prospekt mit.K’s Begeisterung lässt jedoch nach, als er merkt, dass der Porsche im Stadtverkehr durchschnittlich 16 Liter verbraucht und der Vergaser auf langen Fahrten nicht ordnungsgemäß funktioniert. Mit V hat K über den Benzinverbrauch nicht gesprochen. Von K auf die Falschinformation angesprochen erklärt V, dass die Broschüren nicht von ihm stammen und er sie auch noch nie gelesen habe. K habe voneiner besonderen Sparsamkeit aber auch deshalb nicht ausgehen dürfen, da dies nie Thema zwischen ihnen gewesen sei. Außerdem trägt V vor, K hätte den Wagen auch ohne eine entsprechende Angabe in der Broschüre gekauft. Auch zu einer Nachrüstung sei er nicht verpflichtet, da die Kosten der Nachrüstung des Motors zu dem „Nachteil“ des Benzinmehrverbrauchs völlig außer Verhältnis stünden. Der Defekt amVergaser war ohne eine Fahrt mit > 100 km/h nicht erkennbar, war aber auf einen Produktionsfehler zurückzuführen.

1. Welche Rechte kann K im Hinblick auf den Benzinmehrverbrauch geltend machen?

2. Angenommen, eine Nachlieferung im Hinblick auf den defekten Vergaser wäre möglich: Kann K von V die Reparatur des Fahrzeugs verlangen, wenn dieser keine eigene Werkstatt hat und K daher eineNeulieferung anbietet?

Abwandlung: K kauft bei Vertragshändler V einen Gebrauchtwagen, der den oben genannten „Mangel“ am Vergaser aufweist. K ist inzwischen schon 1.000 km mit dem Wagen gefahren.

1. Kann K von V Nachlieferung verlangen? 2. Angenommen, der Anspruch besteht, was kann V im Gegenzug von K verlangen?

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AG Schuldrecht BT WS 2009 / 2010

Wiss. Mit. Sabine Faust, Matthias Plum,Lehras. Ute König LS Prof. Dr. Christian Kersting, LL.M. (Yale)

Lösung: Frage 1:

A. Nacherfüllung gemäß §§ 437 Nr. 1, 439 BGB K könnte gegen V zunächst einen Anspruch auf Nacherfüllung gemäß §§ 437 Abs. 1, 439 BGB haben.

I. Anspruch entstanden

1. Kaufvertrag Dann müsste zwischen K und V zunächst ein wirksamer Kaufvertrag geschlossen worden sein. Ein wirksamer Kaufvertrag zwischen K und Vüber einen Porsche 911 besteht.

2. Gefahrübergang Der Porsche 911 wurde dem K auch bereits übergeben, so dass gemäß § 446 BGB die Gefahr auf den K übergegangen ist. Die Gewährleistungsregeln sind erst ab Gefahrübergang anwendbar, siehe § 434 Abs. 1 S. 1 BGB. Vorher gilt das allgemeine Leistungsstörungsrecht, §§ 280 ff. BGB. Die Gefahr (und gemeint ist hiermit die Preisgefahr) geht gemäß § 446BGB in der Regel mit Übergabe der Sache über, in §§ 446 und § 447 BGB finden sich jedoch Abweichungen von dieser Regel. 3. Sachmangel Darüber hinaus müsste der Porsche 911 jedoch auch einen Sachmangel aufweisen. Ein Sachmangel liegt vor, wenn die Istbeschaffenheit der gekauften Sache zum Nachteil des Käufers von der Sollbeschaffenheit abweicht 1 . Der Porsche verbraucht im Stadtverkehrdurchschnittlich 16 Liter Benzin. Eine Abweichung von der Sollbeschaffenheit setzt voraus, dass er im Stadtverkehr einen geringeren Benzinverbrauch haben sollte. Die

Sollbeschaffenheit bestimmt sich nach § 434 BGB.

a. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB Die Sollbeschaffenheit einer Sache kann sich gemäß § 434 Abs. 1 S. 1 BGB zunächst aus der Vereinbarung der Parteien über ihre Beschaffenheit ergeben. Über den…